Feinstaub erhöht Asthma-Risiko bei Kindern

  16 Auqust 2019    Gelesen: 947
  Feinstaub erhöht Asthma-Risiko bei Kindern

In den Industrienationen gibt es immer mehr Asthmakranke, Kinder sind besonders betroffen. Forschern zufolge wären mehr als zehn Prozent der Fälle vermeidbar.

Weltweit leiden zwischen 235 und 338 Millionen Menschen unter Asthma. Das belegen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Global Asthma Reports von 2018. Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Patienten bis 2025 um 100 Millionen steigen wird. Kinder sind dabei besonders betroffen, für sie gehören Hustenanfälle und Atemnot zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Die Asthma and Allergy Foundation schätzt die Zahl der weltweit erkrankten Kinder unter 18 Jahren auf 6,2 Millionen.

Experten zufolge leben die meisten Asthmatiker in westlichen Industrieländern. Dort steigt die Zahl bereits seit hundert Jahren kontinuierlich, auch hier sind Kinder besonders betroffen. Matthias Kopp, Präsident der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP), geht davon aus, dass derzeit allein in Deutschland jedes zwanzigste Kind erkrankt ist. Schuld daran sind neben genetischen Faktoren auch Stickoxide und Feinstaub in der Luft. Eine aktuelle Studie aus Europa bestätigt diese Annahme.

In ihrer Erhebung kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass bis zu 33 Prozent der Asthma-Fälle bei Kindern verhindert werden könnten. Feinstaub sei vor Stickstoff und Kohlenstoffpartikeln am gesundheitsschädlichsten, schreiben die Wissenschaftler aus den USA, Spanien, der Schweiz und den Niederlanden im Fachblatt European Respiratory Journal.

Belastung durch Feinstaub besonders hoch

Die Forscher haben untersucht, wie viele Kinder Asthma-Patienten waren und wie hoch die Belastung durch PM2,5-Feinstaub, Stickoxid (NO2) und Kohlenstoffpartikel wie Ruß in 18 europäischen Ländern ausfiel. Dafür werteten sie Daten von knapp 63,5 Millionen Kindern zwischen ein und 14 Jahren aus 16 EU-Mitgliedsstaaten sowie Norwegen und der Schweiz aus. Nicht mitberücksichtigt wurden osteuropäische Mitglieder der EU, da in diesen Ländern bisher aussagekräftige Daten über die Belastung der Luft fehlen. "Das schränkt die Studie ein, denn es ist bekannt, dass die Abgaswerte im Osten Europas besonders hoch sind", schreiben die Autoren.

Die Daten über die Luftbelastung basierten auf einer Erhebung von 2010. Forscher hatten damals untersucht, wie sich landwirtschaftliche Nutzung und Verkehrsaufkommen auf die Luft in verschiedenen Gegenden Europas auswirkten - also etwa wie viele Kühe Methan produzieren und wie belebt die Straßen auf dem Land und in der Stadt sind. Demnach stellt Feinstaub die höchste Belastung dar. Am schlechtesten sind die Werte in West- und Zentraleuropa. Je nach Land sind die Werte zwei- bis dreimal so hoch wie der von der WHO vorgesehene Grenzwert.

Pro Jahr mehr als 66.500 Asthma-Fälle weniger

Um abschätzen zu können, wie stark sich die Luftbelastung auf die Asthmahäufigkeit bei Kindern auswirkt, entwarfen die Forscher zwei Szenarien. Dem ersten Szenario lagen die WHO-Grenzwerte für Luft zugrunde. Würden sich die Länder an diese Werte halten und den Feinstaub in der Luft reduzieren, könnten bis zu elf Prozent und damit mehr als 66.500 neue Asthmafälle pro Jahr verhindert werden, errechneten die Studienautoren. Im Gegensatz dazu liegt die Zahl der vermeidbaren Fälle beim Stickstoff mit 2400 vermeidbaren Fällen nur bei 0,4 Prozent. Der Grund: Bei Stickstoff erreichen die meisten Länder schon heute die WHO-Grenzwerte, entsprechend geringe fiele die Verbesserung der Luftqualität aus.

In einem zweiten Szenario gingen die Forscher von Belastungen aus, die weit unter denen der WHO lagen. Demnach könnten sogar 33 Prozent, also 190.000 der jährlichen Neuerkrankungen verhindert werden. Weil die Rate der Asthma-Fälle allein bei strengeren Werten für Stickstoff um 23 Prozent reduziert werden könnte, raten die Forscher dazu, die WHO-Werte herabzusetzen. Im Bericht merken die Autoren allerdings an, dass die strengere Minimalwerte insgesamt unrealistisch seien. Außerdem: "Es ist allgemein bekannt, dass Asthma von weiteren Faktoren jenseits der Luftverschmutzung ausgelöst werden kann."

Luftbelastung aktiv angehen

Kopp bestätigt die Bedenken der Studienautoren: "Asthma ist eine komplexe Krankheit, die noch nicht vollständig verstanden wird." Denn neben der Luftverschmutzung durch Landwirtschaft und Verkehr gebe es noch weitere Faktoren, darunter genetische Veranlagungen, die die Krankheit begünstigen. Zudem handele es sich nur um ein Modell, so Kopp.

Weil die Studienergebnisse durch vorherige Untersuchungen, beispielsweise aus England, gestützt werden, hält Kopp sie allerdings für plausibel. Und: "Die Belastung unserer Luft durch Feinstaub und Stickoxide ist eine Sache, die wir aktiv angehen können."

Zusammengefasst: Asthma ist bei Kindern die am häufigsten auftretende chronische Erkrankung - weltweit sind schätzungsweise 6,2 Millionen Kinder unter 18 Jahren betroffen. Feinstaub gilt als Hauptauslöser der Krankheit. Eine aktuelle Studie legt nun nahe, dass 11 Prozent der Fälle in Europa verhindert werden können, wenn sich die Länder an die Grenzwerte der WHO halten würden. Bei niedrigeren Werten wären es sogar 33 Prozent.

spiegel


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